Arbeitsbedingungen in Corona-Zeiten

Hintergrund

Mit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus (Covid-19) in China im Dezember 2019 und seiner rasanten Ausbreitung stehen Arbeitsmärkte weltweit aussergewöhnlichen Herausforderungen gegenüber. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von einer Pandemie. Auch der Schweizer Bundesrat stuft die Situation in der Schweiz als «ausserordentliche Lage» (vgl. Epidemiengesetz) ein.

Nach einem zweimonatigen Lockdown im März und April 2020, bei dem der Bundesrat gemeinsam mit den kantonalen Behörden Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie (Betriebs- und Schulschliessungen, Veranstaltungsverbote usw.) erlassen hatte, wurde Ende April eine graduelle Öffnung sämtlicher Einrichtungen v.a. der Dienstleistungsbetriebe beschlossen. Nachdem Berufsleute, die aufgrund der behördlichen Massnahmen ihrer Arbeit von zu Hause, nur eingeschränkt oder gar nicht mehr nachgehen konnten, stehen sie auch in der darauffolgenden Transitionsphase und Rückkehr in den Normalbetrieb vor neuen Herausforderungen.

Umfrage

Vom 18. bis 22. Mai 2020 haben die Angestellten- und Berufsverbände der plattform ihre erwerbstätigen Mitglieder zu den Arbeitsbedingungen während der Transitionsphase und den geplanten Lockerungsschritten des Bundes aus dem Corona-Lockdown befragt. Es gab unterschiedliche Fragemodule je nach Beschäftigungsstatus, Arbeitsort (Büro oder Homeoffice), Sicherstgellung der Kinderbetreuung usw. Insgesamt haben sich über 6'400 Erwerbstätige an der Umfrage beteiligt. Die Geschlechter waren gleich vertreten, die französische Sprachregion mit nur knapp über 7% der Befragten. Die Einladung zur Befragung erfolgte per E-Mail. Die Befragung selbst wurde online durchgeführt.

Lockerungsstrategie des Bundes

1- Umfrage-Ergebnisse

Berufsleute in Dienstleistungs- und Wissensberufen stehen mehrheitlich hinter der Lockerungsstrategie des Bundes. Über 70% stimmen den bereits am 11. Mai eingeleiteten Lockerungsmassnahmen zu. und weitere 75% unterstützen die ursprünglich geplanten Lockerungen vom 8. Juni.

Social Distancing-Regeln sind angesichts der bevorstehenden Welle an Homeoffice-Rückkehrern gefährdet. 94% der plattform-Mitglieder, die wieder am Arbeitsplatz tätig sind, fühlen sich mit den aktuellen Massnahmen und Schutzkonzepten zwar sicher, die  mangelnde Distanz zu den Arbeitskollegen und der Arbeitsweg stehen jedoch ganz oben auf dem Sorgenbarometer .

Arbeitgeber müssen ihre Angestellten mittels umfangreicher Rückkehrkonzepte aus dem Homeoffice begleiten. Während sich knapp 50% der plattform-Mitglieder Ende Mai noch im Homeoffice befanden, haben 45% der Unternehmen  zum gleichen Zeitpunkt noch kein Konzept für die Überführung ihrer Angestellten in den Normalbetrieb erarbeitet.

2- Empfehlungen für die Arbeitswelt

Die plattform appelliert an Unternehmen, umfassende Rückkehrkonzepte zu erarbeiten und ihre Angestellten in dieser Transitionsphase bestmöglich zu unterstützen. Dazu gehören nicht nur die eigentliche Planung der Rückkehr in den Betrieb (gestaffelt, nach Bedürfnis usw.) und spezifische Schutzmassnahmen am Arbeitsplatz, bei Teamsitzungen, Kundengesprächen o.ä. sondern auch der Weg zum Arbeitsort: Wie kommen Berufsleute sicher und unter Einhaltung der Distanz-Empfehlungen überhaupt zur Arbeit?

Neben den bereits geltenden behördlichen Massnahmen sollten Unternehmen diese Überlegungen unbedingt in ihre Corona-Strategie integrieren, um ihren Angestellten die Angst vor der neuen Büro-Normalität zu nehmen und die Rückkehr zum Arbeitsplatz so angenehm wie möglich zu gestalten.

Arbeiten im Homeoffice

1- Umfrage-Ergebnisse  

Homeoffice als flexibles Zukunftsmodell ist bei Berufsleuten in Dienstleistungs- und Wissensberufen sehr beliebt.  96% der Befragten geben an, gut von zu Hause arbeiten zu können. 52% (sogar bis zu 63% bei Homeoffice-gewohnten) möchten künftig mehr im Homeoffice arbeiten und 45% möchten mehr virtuelle Sitzung durchführen.

Gewisse Bereiche erfordern klare Regelungen zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden für die Arbeit im Homeoffice. Erschwert wird die Arbeit im Homeoffice vor allem wegen der mangelnden Infrastruktur (49%) und Technik (37%). Nur 25% der Arbeitgeber leisten momentan einen materiellen oder finanziellen Beitrag (z.B. Handy, Internet, Bildschirm, Mobiliar) für das Arbeiten von zu Hause.

Ein besonderes Augenmerk gilt dem Gesundheitsschutz im Homeoffice: Das betriebliche Gesundheitsmanagement deckt das Arbeiten von zu Hause nicht ab. Die grössten Schwierigkeiten und Unklarheiten treten bei der Ergonomie (90%), der Work-Life-Balance (35%; und bis zu 50% bei Leuten mit Kindern) und der Arbeitszeiterfassung (21%) auf.

2- Empfehlungen für die Arbeitswelt 

Das gegenwärtige Arbeitsgesetz ist auf fixe Arbeitszeiten im Betrieb ausgelegt. Es stammt aus dem Industriezeitalter und entspricht nicht mehr den neuen gesellschaftlichen und arbeitsmarktlichen Bedürfnissen unserer Dienstleistungsgesellschaft. Die plattform fordert daher eine Modernisierung des Arbeitsgesetzes, gekoppelt an Präventionsmassnahmen im Bereich des Gesundheitsschutzes, welche psychosoziale Risiken angemessen berücksichtigen.

Wenn Homeoffice zur neuen Normalität in der Arbeitswelt gehört, braucht es unbedingt Klarheit bezüglich der Rahmenbedingungen. Drei Handlungsebenen stechen dabei besonders hervor: die Regelung der Arbeits- und Ruhezeiten, welche über das Arbeitsgesetz definiert sind, die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur, welche Teil einer Vereinbarung zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden sein kann sowie die Sicherstellung des Gesundheitsschutzes für die Arbeit ausserhalb des Betriebs. Fragen zur Erreichbarkeit oder der Vergütung der mit der Verrichtung von Homeoffice verbundenen Ausgaben müssen ebenfalls Bestandteil solcher Regelungen sein. Homeoffice soll gleichwohl für Angestellte und Betriebe attraktiv sein.

Die plattform wird entsprechende Vorstösse im Parlament einbringen.

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