Bilaterale Verträge Schweiz-EU

Wirtschaft & Arbeitsmarkt

Der freie Austausch von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union hat der Schweiz viele Vorteile gebracht. Die plattform unterstützt den bilateralen Weg und die damit verbundenen Abkommen. Alle europapolitischen Abstimmungen der letzten Jahre bestätigen deren Rückhalt in der Bevölkerung. Die Weiterentwicklung der institutionellen bilateralen Abkommen mit der EU ist notwendig für das Weiterbestehen des bilateralen Wegs: Ohne Aufdatierung werden die Abkommen irgendwann obsolet. Für Unternehmen in der Schweiz bringt es Rechtssicherheit und klare Spielregeln. Nach dem Scheitern des InstA ist es unabdingbar, dass die Schweiz eine Lösung mit der EU findet.  Für Wirtschaft und Forschung ist der Zugang zum europäischen Binnenmarkt von essenzieller Bedeutung. Gerade in Wissensberufen, sind die besten Voraussetzungen für Bildung und Innovation hoch zu gewichten.

Verhältnis Schweiz - EU

Forderung

Die plattform fordert den Bundesrat auf, die institutionellen Beziehungen zur EU wieder auf ein gesichertes Fundament zu stellen. Dabei soll er den Fokus auf den Inhalt der Beziehungen legen, statt sich in den Modalitäten zu verzetteln. Das Verhandlungsergebnis ist dem Schweizer Stimmvolk zeitnah vorzulegen.

Argument

Der Zugang zum EU-Binnenmarkt ist ein Gewinn für die Schweiz und die EU. Es bringt klare wirtschaftliche Vorteile. Die Personenfreizügigkeit versorgt den Schweizer Arbeitsmarkt mit dringend benötigten Fachkräften. Ausserdem geht das weiterentwickelte EU-Recht bezüglich Arbeitnehmerschutz weit über das Schweizer Recht hinaus und auch der Lohnschutz ist fester Bestandteil der europäischen Entsenderichtlinien. Ein gemeinsamer Markt braucht gemeinsame Regeln.

«Internationale Kooperation setzt immer einen gewissen Einschnitt in die Souveränität voraus. Wir binden uns an gemeinsame Regeln und verpflichten uns zu deren Einhaltung, weil wir gemeinsam mehr Wohlstand, Sicherheit und Kooperation bewirken wollen».
Stefanie Walter, Professorin für Internationale Beziehungen und Politische Ökonomie an der Universität Zürich

Analyse

Mit der fortlaufenden Digitalisierung und sich verändernden geopolitischen Rahmenbedingungen sind die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU ständigen Veränderungen unterworfen. Diese Veränderungen müssen laufend geprüft und bei Bedarf aktualisiert werden – wie bei einem Betriebssystem. Ein neues Abkommen mit der EU sollte deshalb die dynamische Rechtsentwicklung sowie die Modalitäten der Streitbeilegung regeln. Das heisst, ob und wie die Schweiz künftig neues EU-​Recht übernimmt. Und vor allem, wer entscheidet, wenn sich die beiden Seiten bei der Übernahme von neuem Recht oder der Auslegung von bestehenden Abkommen nicht einig sind.

Ein neues institutionelles Abkommen mit der EU regelt die Weiterentwicklung der fünf Marktzugangsabkommen aus den Bilateralen I (Personenfreizügigkeit, Landwirtschaft, Land- und Luftverkehr und technische Handelshemmnisse). Damit verbunden sind die Regelungen zum öffentlichen Beschaffungswesen. Auch die Abkommen zu Bildung und Forschung müssen neu geregelt werden. Darüber hinaus zeichnet sich der Bedarf für neue Abkommen im Bereich Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit ab.

Die Vorteile des Binnenmarkts und die Rechtssicherheit, welche ein Abkommen mit sich bringt, sind als hoch zu gewichten. Die EU ist mit Abstand die wichtigste Handelspartnerin der Schweiz. Der freie Austausch von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen zwischen der Schweiz und der EU ist für die Schweizer Wirtschaft unabdingbar. Der Bundesrat hat das 2018 vorgelegte Verhandlungsergebnis mit der EU im Mai 2021 eigenhändig begraben.  Wirtschaft, Forschung und Bildung wurden in der Folge bereits temporär von wichtigen EU-​Programmen wie Horizon oder Erasmus ausgeschlossen. Aktuell bereitet der Bundesrat ein neues Verhandlungsmandat vor. Die plattform wird sich dabei für einen gradlinigeren innenpolitischen Kurs einsetzen.

Engagement

Die plattform hat sich seit Sommer 2018 mehrfach zum institutionellen Abkommen mit der EU geäussert und auch das Gespräch mit Politik und Verwaltung gesucht. Doch nur die wenigsten politischen Akteure stellten sich seit der Veröffentlichung der Verhandlungsergebnisse vorbehaltslos hinter das EU-Rahmenabkommen. Insbesondere Gewerkschaften bewerteten den verhandelten Kompromiss als Angriff auf den Lohnschutz und verlangten, die flankierenden Massnahmen vom Abkommen auszunehmen. Obwohl in den neuen Bestimmungen der EU zum Entsenderecht nichts gegen den Vollzug der flankierenden Massnahmen, wie sie die Schweiz betreibt, spricht. Sind paritätische Kontrollen auch weiterhin im Vertragswerk der EU und im Rahmenabkommen erlaubt. Ihr Vollzug kann gemäss Durchsetzungsrichtlinie explizit bei den Sozialpartnern liegen. Massnahmen müssen aber nachvollziehbar sein.

Bei einem Abkommen geht es letztlich um ein Abwägen zwischen den Vorteilen eines uneingeschränkten Zugangs zum Binnenmarkt der EU (Kooperationsgewinn) und den Nachteilen, welche mit den vereinbarten institutionellen Regelungen und der dynamischen Rechtsübernahme in den fünf Marktzugangsabkommen (Personenfreizügigkeit, Landwirtschaft, Land- und Luftverkehr und technische Handelshemmnisse) verbunden sind. Für die plattform überwiegen deutlich die Vorteile eines Binnenmarkts und die Rechtssicherheit, welche ein neues Abkommen mit sich bringt.

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