Vertretung der Erwerbstätigen

Wirtschaft & Arbeitsmarkt

Wissensberufe sind die am stärksten wachsende Gruppe von Berufsleuten in der Schweiz und rund 80% der Beschäftigten arbeiten derzeit im Dienstleistungssektor. Die Gewerkschaften repräsentieren diese Gruppe nur schlecht, werden aber auf politischer Ebene fast ausschliesslich zu Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Themen der sozialen Sicherheit konsultiert.

Vertretung der Erwerbstätigen

Forderung

Die plattform setzt sich für starke und selbstständige Berufsleute aus dem Dienstleistungssektor und den Wissensberufen ein. Entsprechend fordert sie auf Bundesebene mehr Gehör in denjenigen Bereichen, die für Berufsleute in Wissens- und Dienstleistungsberufen  wichtig sind. Dazu gehört auch eine bessere Vertretung der Berufsleute in ausserparlamentarischen Kommissionen des Bundes, bei Sozialpartnerschaftskonsultationen oder bei nationalen Konferenzen zu Arbeitsthemen.

Argument

Die Schweiz zählt über 5 Millionen Erwerbstätige, doch nur rund 15% davon sind gewerkschaftlich organisiert (vgl. Armingeon 2017). Der Dienstleistungssektor mit seinen zunehmenden neuen Beschäftigungsgraden und -formen wird dabei nur am Rande vertreten. Und das obwohl Erwerbstätige aus dem Dienstleistungssektor eine überwältigende Mehrheit der Arbeitnehmenden ausmachen. Dieses Ungleichgewicht zwischen Art der Erwerbstätigen und ihrer Vertretung gilt es zu überdenken.

«Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Schweiz muss auf die Interessen der gesamten Arbeitnehmerschaft ausgerichtet werden. Das umfasst sowohl Arbeitnehmende aus dem sekundären Sektor und Angestellte in bundesnahen Betrieben wie auch Berufsleute aus dem Dienstleistungssektor und den Wissensberufen – von Angestellten bis hin zu Gig-Worker:innen oder Selbstständigerwerbenden.»

Daniel Jositsch, Präsident des Kaufmännischen Verbands

Analyse

Europaweit hat sich der Organisationsgrad der Angestellten in den letzten 50 bis 60 Jahren etwa halbiert. In der Schweiz sind rund 85% der Angestellten (vgl. Armingeon 2017) heutzutage nicht mehr gewerkschaftlich organisiert. Ein Ende dieses Rückgangs ist noch nicht abzusehen. Dies ist vor allem eine Folge des Strukturwandels in der Wirtschaft, mit der steigenden Bedeutung des Dienstleistungssektors und der Zunahme des Anteils an hochqualifizierten Beschäftigten (vgl. NZZ-Artikel 14.05.2019).

Der Gewerkschaftsbund (SGB) und die Dachgewerkschaft Travail.Suisse zählen nach eigenen Angaben derzeit rund 500 000 Mitglieder. Tatsächlich sind aber genauso viele Erwerbstätige (rund 16%) Mitglied einer Gewerkschaft, wie in einem unabhängigen Angestellten- oder Berufsverband, wie zum Beispiel der plattform (vgl. Umfrage zur Vertretung der Erwerbstätigen 2021).

Gewerkschaften in der Schweiz vertreten vor allem Angestellte aus dem sekundären Sektor, aus bundesnahen Betrieben und aus gewissen Tieflohnbranchen des Dienstleistungssektors. Die plattform hingegen vertritt mit hochqualifizierten Dienstleistungs- und Wissensberufen andere Berufs- und Sozialsegmente, die mit ihren zunehmenden neuen Beschäftigungsgraden und -formen somit kaum oder nur noch am Rande politisch vertreten sind. Und das obwohl Erwerbstätige aus dem Dienstleistungssektor fast 80% der Arbeitnehmenden ausmachen. die mit ihren zunehmenden neuen Beschäftigungsgraden und -formen somit kaum oder nur noch am Rande politisch vertreten sind. Und das obwohl Erwerbstätige aus dem Dienstleistungssektor fast 80% der Arbeitnehmenden (vgl. Wirtschaftsstruktur BfS) ausmachen.

Die Dachgewerkschaften sind somit überdurchschnittlich in politischen Gremien und Kommissionen vertreten. Tatsächlich wird die Arbeitnehmervertretung bei den ausserparlamentarischen Kommissionen des Bundes, bei Sozialpartnerschaftskonsultationen oder bei nationalen Konferenzen zu Arbeits- und Bildungsthemen fast ausschliesslich durch die beiden Dachverbände wahrgenommen. Von den insgesamt 11 Gremien, die sich mit arbeitsmarktpolitischen Themen auseinandersetzen, werden 35 Sitze vom SGB und 18 Sitze von Travail.Suisse beansprucht. Unabhängigen Angestelltenverbänden werden momentan noch 2 Sitze in weniger relevanten Gremien zugebilligt. Die Sitze werden nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern die Vakanzen den Dachverbänden gemeldet, welche sie unter sich aufteilen. Zu nationalen Konferenzen, wie z.B. zur Wiedereingliederung und sozialen Absicherung von älteren Arbeitnehmenden, wurde die plattform bisher nie eingeladen. Auch bei sozialpartnerschaftlichen Konsultationen des Bundesrats, wie z.B. zum EU-Rahmenabkommen, wurde die plattform übergangen. Nachdem sich die plattform jahrelang für eine bessere Vertretung eingesetzt hatte, konnte sie jüngst einen Erfolg erzielen.  Der Kaufmännische Verband Schweiz, Mitgliedsverband der plattform, vertritt ab 2024  Erwerbstätige in Dienstleistungs- und Wissensberufen in der TPK Bund und der AHV-/IV-Kommission.

Engagement

Ein grosser Teil der Erwerbstätigen in der Schweiz hat ausser den nationalen Wahlen keinen adäquaten Zugang zu Interessensvertretung auf Bundesebene. Bei Konsultationen, ausserparlamentarischen Gremien und sozialpartnerschaftlichen Dialogen wird der aktuell am stärksten wachsende Teil der Berufsleute – gutqualifizierte Arbeitnehmende in Dienstleistungs- und Wissensberufen – übergangen.

Schon seit ihrer Gründung fordert die plattform eine angemessene Arbeitnehmervertretung beim Bund. Daniel Jositsch, Präsident des Kaufmännischen Verbands und Zürcher Ständerat hat im Parlament mehrfach auf das Problem aufmerksam gemacht. Auch gewerkschaftsunabhängige Berufsleute verdienen Gehör in für die Arbeitswelt relevanten Themen. Die plattform bleibt weiterhin am Ball.

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