Vierte Säule

Bildung

Der Strukturwandel hat die Berufsbilder im Dienstleistungsbereich tiefgreifend und in hohem Tempo verändert. Konnte man früher gut mit dem technologischen Wandel Schritt halten und neue Anwendungen im Laufe des Berufslebens erlernen, verschwinden heute ganze Berufsbilder innerhalb von wenigen Jahren. Der Wandel ist disruptiv und stellt Unternehmen und Erwerbstätige vor neue Herausforderungen. Eine stärkere Verankerung der Bildung im Berufsleben ist vonnöten, um Erwerbstätige für die Zukunft abzusichern. 

Vierte Säule: Bildung

Forderung

Die plattform ist der Ansicht, dass die Aus- und Weiterbildung als «Vierte Säule» in der beruflichen Vorsorge anerkannt und gefördert werden muss. Zielgerichtet für alle Erwerbstätigen, die vom Strukturwandel betroffen sind und finanzierbar für alle Unternehmen und Einkommensgruppen.

Argument

Indem Lifelong Learning über die gesamte Karriere gelebt und genutzt wird, können Berufsleute in Dienstleistungs- und Wissensberufen mit den Veränderungen eines dynamischen und zunehmend digitalisierten Arbeitsmarkts mithalten und arbeitsmarktfähig bleiben.

«Es braucht neben den bestehenden drei Säulen der Vorsorge eine vierte Säule, die die Bildung als Voraussetzung sieht, um sich immer wieder neu zu qualifizieren, die Agilität und Motivation zu fördern und sich an neue Verhältnisse - privat oder im Arbeitsleben – anzupassen.»

Analyse

Unsere Arbeit verändert sich: Während Routinetätigkeiten wegfallen, nimmt der Anteil von Wissensarbeit zu. Treiber sind die Digitalisierung und die daraus entstandenen neuen Tätigkeiten und Geschäftsmodelle. Aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung der Bevölkerung ist auch klar, dass wer länger lebt, für das Alter mehr ansparen oder länger arbeiten muss. Für eine längere und wissensintensivere Erwerbskarriere braucht es deshalb neue Skills, die die Arbeitsmarktfähigkeit sichern.

Bei Tieflohn- bzw. niedrig qualifizierten Tätigkeiten ist bis in ca. 10 Jahren eine grosse Verschiebung zu erwarten, da viele dieser Jobs verschwinden werden. Für diese Berufsleute ist es wichtig, sich höher zu qualifizieren, also ein Upskilling vorzunehmen, da es in Zukunft einen grossen Bedarf an höher qualifizierten Berufsleuten geben wird.

Doch auch für Hochqualifizierte gibt es neue Herausforderungen. Innerhalb ihrer Tätigkeiten sind zusätzliche Kompetenzen, v.a. soziale und kognitive Skills gefragt (4K: Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und Kritisches Denken). Zwar investieren vor allem grössere Unternehmen vermehrt in den Aufbau von Skills, aber zu wissen, welche Skills gefragt sind und die Gelegenheit, diese zu erwerben, ist oft nicht ganz einfach. Auch Firmen haben nicht immer einen Überblick über die Entwicklung ihres Geschäftsfelds und/oder die Skills ihrer Belegschaft. Es sind auch nicht alle Mitarbeitenden gleich motiviert, sich weiterzuentwickeln. Das gemeinsame Ziel von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden muss jedoch der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit der Mitarbeitenden sein.

Im aktuellen Erwachsenenbildungssystem der Schweiz stellt man fest, dass dieses zwar breit und umfassend ist, es jedoch in der Umsetzung teilweise an einer gezielten Ausrichtung, an der vom Strukturwandel am meisten betroffenen Gruppe von Erwerbstätigen fehlt. Der Grundgedanke im Weiterbildungsgesetz ist das Subsidiaritätsprinzip. Zuerst kommt also die Eigenverantwortung der Erwerbstätigen, dann die des Arbeitgebers und erst zuletzt die öffentliche Hand. Das heisst, dass es gerade bei Tiefqualifizierten oder Teilzeitbeschäftigten und älteren Arbeitnehmenden sowohl Arbeitnehmer-, als auch Arbeitgeberseitig zum Teil an Wissen, Willen und Anreizen fehlt. Oft auch an zeitlichen und finanziellen Ressourcen.

Gerade Erwerbstätige mit Betreuungspflichten oder Tiefqualifizierte geben oft an, zu wenig Zeit oder Geld für eine Weiterbildung zu haben. Auch bei KMU steht die Ressourcenfrage im Vordergrund. Standortbestimmungen und Weiterbildungsmöglichkeiten müssen so ausgestaltet sein, dass der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit nicht an der Ressourcenfrage scheitert.

Auch Selbständigerwerbende oder Nicht-Erwerbstätige fallen aus dem Raster. Die Weiterbildung ist aktuell weitgehend auf Tätigkeiten ausgerichtet, bei denen eine Investition in Punkto Zeithorizont und Return on Investment lohnenswert erscheint. Zum Patchwork-Ansatz im Bildungssystem kommen zunehmend nicht lineare Karriereverläufe, neue Arbeitsformen und atypische Arbeitsverhältnisse.

Eine gezielte Weiterbildung erfolgt am besten aufgrund einer persönlichen Standortbestimmung. Auch diese soll Zielgruppenorientiert ausgestaltet sein und prioritär den vom Strukturwandel Betroffenen zur Verfügung stehen. Fokussierte Aus- und Weiterbildungen schützen vor Arbeitslosigkeit und ermöglichen die Erwerbsarbeit auch über das Pensionsalter hinaus. Sie konstituieren die vierte Säule der beruflichen Vorsorge.

  • Die Umsetzung einer solchen vierten Säule braucht das Zusammenspiel aller Akteure:
  • Arbeitnehmende, die der kontinuierlichen persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung offen gegenüberstehen.
  • Unternehmen und Führungskräfte, die zusammen mit Branchenvertretungen und Verbänden organisatorische und kulturelle Voraussetzungen schaffen.
  • Politische Akteure, die strukturelle und ggf. finanzielle Rahmenbedingungen schaffen.

Die vierte Säule, die Sicherung einer agilen Arbeitsmarktfähigkeit, muss gemeinsam gestaltet und mit Entwicklungsmöglichkeiten, der Förderung zukunftsfähiger Kompetenzen sowie einem guten Gesundheitsniveau verbunden werden.

Engagement

Um Lifelong Learning im Bildungssystem und in der Arbeitswelt zu verankern und auf Veränderungen möglichst agil reagieren zu können, braucht es neben den bestehenden drei Säulen im Schweizer Vorsorgesystem eine vierte Säule der beruflichen Vorsorge: Sie anerkennt die Weiterbildung als Voraussetzung, um sich immer wieder neu zu qualifizieren, die Agilität und Motivation zu fördern und sich an neue Verhältnisse, privat wie auch im Arbeitsleben, anzupassen. Dazu braucht es ein Zusammenspiel von Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden, Verbänden sowie von Entscheidungsträgern aus Politik und Bildung und Zielgruppenspezifische Massnahmen und Angebote. Die plattform setzt sich für eine Verankerung von Lifelong Learning im Bildungssystem und einen vereinfachten Zugang für alle ein.

Weiterführende Informationen

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