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EU-Dossier: Warum eine Totalopposition nicht für die Mehrheit spricht
Letzte Woche liessen die Gewerkschaftsdachverbände verlauten, dass sie mit dem Verhandlungsmandat des Bundesrats zu den Bilateralen III überhaupt nicht zufrieden seien (Vgl. Tagesanzeiger). Nicht nur inhaltlich, sondern auch mit dem Grad der Transparenz. Das Mandat sei schlecht für den Lohnschutz der Arbeitnehmenden in der Schweiz. Diese Woche wollen sie gar nicht mehr an den internen Gesprächen teilnehmen (Vgl. NZZ). Dabei führen sich die Gewerkschaften so auf, als würden sie alle Berufsleute in der Schweiz vertreten. Aber tun sie das auch wirklich?
Im EU-Dossier gilt es schliesslich, die Stimmen aller Berufsleute zu hören, auch derjenigen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Und das sind rund 85% der Erwerbstätigen. Von diesen sind weitere 15% unabhängigen Angestellten- oder Berufsverbänden, wie beispielsweise diejenigen der politischen Allianz «die plattform», angeschlossen. Mit ihren acht Partner-Verbänden vertritt die plattform die Interessen von rund 85 000 Berufsleuten aus den Dienstleistungs- und Wissensberufen und setzt sich stellvertretend für die rund 4 Mio. Erwerbstätigen aus dem Tertiärsektor ein.
Die plattform spricht sich klar für eine konstruktive EU-Politik und gute bilaterale Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU aus. «Wir vertreten einen grossen Teil der Arbeitnehmenden in der Schweiz, und dieser wünscht sich eine Fortführung der bilateralen Abkommen mit der EU. Das zeigt Umfrage nach Umfrage», erklärt Daniel Jositsch, Präsident des Kaufmännischen Verbands Schweiz, einer der acht Angestellten- und Berufsverbände, die in der plattform zusammengeschlossen sind. «Der Konfrontationskurs der Gewerkschaften ist nicht zielführend. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der EU erfordert auch eine gewisse Kompromissbereitschaft.»
Die Sicherstellung des EU-Prinzips «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» muss sowohl innerhalb der EU, als auch im Abkommen mit der Schweiz sichergestellt werden. Das hohe Lohnniveau der Schweiz kann für Arbeitskräfte aus EU-Ländern attraktiv sein. Die hohen Lebenskosten hingegen weniger. Die Schweiz ist wiederum auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Hier die richtige Balance zwischen Öffnung und Kontrolle zu finden, ist nicht einfach. Die Vorschläge im vorliegenden Verhandlungsmandat sind jedoch vielversprechend. Für die grosse Mehrheit der Berufsleute, die in der Schweiz arbeiten, gelten gute Lohn- und Arbeitsbedingungen. Die Löhne für Leute im Tieflohnbereich sind in der Schweiz ein bekanntes Problem – und EU-unabhängig. Hier sind die Sozialpartner:innen gefragt.
Arbeitsplätze füllen zu können, ist für alle in der Schweiz wichtig – zur Bereitstellung von wichtigen Dienstleistungen und Services. Geht man den Fragen nach, wer uns das Schnitzel in der Ski-Beiz serviert, wer unsere Eltern und Grosseltern betreut, wer unsere Häuser baut oder wer sicherstellt, dass unsere Arbeitgeber:innen spezifische Stellen füllen können, dann gibt es nur eine Antwort: Arbeitskräfte aus dem Ausland.
Die Angestellten- und Berufsverbände der plattform sind in Branchen mit hohem Fachkräftemangel vertreten, wie Ingenieurwesen oder Treuhand- und Wirtschaftsprüfung. Gerade die Personenfreizügigkeit ist essenziell für diese Branchen und Berufe. Wissensarbeiter:innen sind auf Bildung und Innovation angewiesen. Diese sind nur zusammen mit Europa möglich. Es ist deshalb unabdingbar, dass die Schweiz eine Lösung mit der EU findet. «Ingenieurinnen und Ingenieure spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Innovationen», sagt Giovanni Crupi, Zentralpräsident von Swiss Engineering und Mitglied der plattform. «In der Schweiz besteht eine hohe Nachfrage nach Fachkräften in diesem Bereich. Diese kann nur durch die Personenfreizügigkeit gedeckt werden kann. Ein kontinuierlicher Austausch in Bildung und Forschung mit Europa ist unerlässlich, um den Ausbildungs- und Forschungsstandort Schweiz zu erhalten.»
Der plattform gehören folgende Verbände an: der Kaufmännische Verband Schweiz, Angestellte Schweiz, Swiss Leaders, veb.ch, die Zürcher Gesellschaft für Personal-Management ZGP, Sales Swiss, der Kaderverband des öffentlichen Verkehrs KVöV und Swiss Engineering. Sie alle sind überzeugt: Es kann für Angestellte nur eine Zukunft mit Europa geben.