Umgang mit älteren Arbeitnehmenden

Hintergrund

Aktuelle Studien zur Alterung der Gesellschaft und Beschäftigungspolitik (vgl. OECD 2019) zeigen: In der Schweiz besteht dringender Handlungsbedarf im Umgang mit älteren Arbeitnehmenden. Eine umfassende Strategie zur Reform der Altersvorsorge (vgl. Positionspapier Reform Altersvorsorge) ist notwendig, um der demographischen Entwicklung der Gesellschaft, den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts sowie den Ansprüchen aller Erwerbstätigen Rechnung zu tragen. Auch haben Arbeitgebende und Arbeitnehmende beide rechtzeitig dafür zu sorgen, dass ältere Arbeitskräfte über ihre gesamte Erwerbsbiografie hinweg und bis zum Altersrücktritt für die Zukunft gerüstet sind (vgl. Positionspapier ältere Arbeitnehmende) und ihren Altersrücktritt flexibel gestalten können. Mehr Weiterbildungen und betriebliche Massnahmen für ältere Arbeitnehmende sind daher vonnöten. 

Umfrage

Vom 21. Oktober bis 1. November 2019 haben die Angestellten- und Berufsverbände der plattform ihre erwerbstätigen Mitglieder zum Umgang mit älteren Arbeitnehmenden im Unternehmen, der aktuellen Altersverteilung und den existierenden Massnahmen im Hinblick auf ein betriebliches Altersmanagement befragt. Es gab unterschiedliche Fragemodule für Angestellte, Führungskräfte und HR-Verantwortliche. Insgesamt haben sich knapp 7'500 Erwerbstätige an der Umfrage beteiligt – davon überdurchschnittlich viele Erwerbstätige aus der Altersgruppe 50+. Die Altersgruppe der unter 30-jährigen war deutlich unterrepräsentiert. Dies wurde in der Datenauswertung berücksichtigt. Die Geschlechter waren gleich vertreten, die französische Sprachregion mit nur 7% der Befragten.Die Einladung zur Befragung erfolgte per E-Mail. Die Befragung selbst wurde zweisprachig aufgegleist und online in Zusammenarbeit mit der Kalaidos Fachhochschule durchgeführt.

Betriebliches Altersmanagement

1- Umfrage-Ergebnisse 

Die Mehrheit der Befragten (61%) gibt an, dass ihr Unternehmen kein Altersmanagement führt. Nur 16% der Befragten haben Kenntnis von einem Altersmanagement in ihrem Unternehmen. Weitere 23% sind sich nicht sicher. Dabei spielt die Betriebsgrösse eine wesentliche Rolle: Während es bei Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden in 23% der Fälle Massnahmen für ein Altersmanagement gibt, trifft dies bei Firmen mit unter 10 Mitarbeitenden nur in 6% der Fälle zu.

Die mit Abstand am häufigsten genannten Massnahmen für ein betriebliches Altersmanagement sind flexible Arbeitszeiten, Frühpensionierungsangebote und Massnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Massnahmen, welche eine Veränderung der Tätigkeiten spezifisch für den letzten Karriereabschnitt vorsehen (z.B. Reduktion der Verantwortung, des Salärs, des Pensums, kontinuierliche Karriereplanung, Jobmobilitätsprogramme usw.) sind weit weniger verbreitet. Rund 40% der Befragten wünscht sich zusätzliche Massnahmen vor allem im Hinblick auf den Altersrücktritt, die Weiterbildung und die Chancengleichheit bei der Rekrutierung.

Was die wahrgenommene Diskriminierung in Unternehmen aufgrund des Alters angeht, so gibt auch rund einen Fünftel der Befragten an, dass die Erfahrungen von älteren Mitarbeitenden zu wenig respektiert und in die Arbeitsabläufe und Projekte miteingebracht werden. Ausserdem konnten sie Mobbing sowie weitere Verhalten beobachten, bei denen Mitarbeitende aufgrund ihres Alters aus dem Unternehmen herausgedrängt wurden. In Unternehmen mit Altersmanagement ist die wahrgenommene Diskriminierung signifikant kleiner – unabhängig von der Unternehmensgrösse. Bei der wahrgenommenen Chancengleichheit beträgt der Unterschied zwischen Unternehmen mit und Unternehmen ohne Altersmanagement durchschnittlich 10 Prozentpunkte, beim Umgang mit älteren Mitarbeitenden im Unternehmen sogar 20 Prozentpunkte.

2- Empfehlungen für die Arbeitswelt

Es lohnt sich für jedes Unternehmen – ob Grossbetrieb oder KMU – ein passgenaues Altersmanagement zu etablieren und darüber transparent zu berichten. Mit einem Konzept, welches der Grösse und den spezifischen Bedürfnissen des Betriebs Rechnung trägt, können Unternehmen ihre Mitarbeitenden beim Erhalt ihrer Arbeitsmarktfähigkeit unterstützen. Gelebtes Altersmanagement heute, stellt die Chancengleichheit und den Wissenstransfer im Unternehmen sicher und wird älteren Arbeitnehmenden künftig ermöglichen, länger im Erwerbsprozess zu bleiben. Der Leitfaden «Smartes Altersmanagement für das Unternehmen 2.0» richtet sich an Unternehmen unterschiedlicher Grösse, vor allem aber auch an KMU. Die darin vorgetragenen Empfehlungen lassen sich in drei Handlungsebenen gruppieren.

 Kulturwandel und Werte

Unternehmen können für mehr Transparenz und Diversität sorgen und ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte für das Thema Altersmanagement sensibilisieren. Auch führt ein aktives Altersmanagement zu gegenseitiger Verbindlichkeit zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden und ist ein Ausdruck wertschätzender Kultur. Diese wiederum schafft Vertrauen und Vertrauen fördert die Motivation, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden – in allen Altersgruppen.

  HR- und Management-Massnahmen

Neben der Stärkung der Arbeitsmarktfähigkeit müssen auf betrieblicher Seite sowohl eine diskriminierungsfreie und unvoreingenommene Rekrutierung, als auch eine gezielte Workforce- und Nachfolgeplanung gefördert werden. So können Unternehmen einem Verlust von Know-how durch ungewollte Abgänge vorbeugen und eine gezielte Nachfolgeplanung einleiten.

 Rahmenbedingungen

Schliesslich können Unternehmen für gute Rahmenbedingungen sorgen, indem sie für die Arbeitsorganisation und -gestaltung, Arbeitsflexibilität und Vereinbarkeit, das Gesundheitsmanagement sowie den Altersrücktritt gemeinsam mit ihren Angestellten passgenaue Lösungen entwickeln.

Download Leitfaden «Smartes Altersmanagement für das Unternehmen 2.0»

 

Ältere Arbeitnehmende

1- Umfrage-Ergebnisse 

Ältere Mitarbeitende (50+) wünschen sich zwar mehr Massnahmen im Rahmen eines betrieblichen Altersmanagements, fokussieren jedoch oftmals auf Angebote bezüglich Pensionierung oder zusätzlicher Ferientage und schliessen Jobmobilitäts- und Arbeitsmarktfähigkeitsprogramme, eine kontinuierliche Karriereplanung oder regelmässige Boxenstopps tendenziell aus. Das heisst, dass viele ältere Mitarbeitende nicht ausreichend für die Notwendigkeit von Flexibilität und einer regelmässigen Standortbestimmung sensibilisiert sind.

Befragte über 50 Jahre sehen oft keinen Bedarf für eine Weiterbildung. Trotzdem wurden zusätzliche Massnahmen bezüglich Weiterbildung von älteren Mitarbeitenden von dieser Altersgruppe häufig genannt (53%). Das ergibt demnach ein etwas widersprüchliches Bild. Bei der Frage zu den Fähigkeiten von älteren Mitarbeitenden gegenüber jüngeren, kam jedoch auch klar heraus, dass ältere Mitarbeitende von allen Altersgruppen als weniger lernfähig eingestuft werden.

Beim gewünschten Pensionsalter möchte die Mehrheit der Befragten (55%) am liebsten vor dem aktuellen Referenzalter in Pension gehen. Gleichzeitig möchten die Befragten tendenziell länger arbeiten, je höher ihre berufliche Qualifikation und Stellung im Unternehmen ist. Fragt man jedoch nach ihren tatsächlichen Erwartungen bezüglich Altersrücktritt, so zeigt sich, dass die Altersgruppe der 50+ einen Altersrücktritt mit spätestens 65 erwartet, die Generation der unter 30-jährigen jedoch damit rechnet dereinst zwischen 65 und 70 Jahren pensioniert zu werden.

2- Empfehlungen für die Arbeitswelt

Für die Planung der beruflichen Laufbahn können ältere Arbeitnehmende Unterstützung durch den Staat, den Arbeitgeber oder einen Angestellten- oder Berufsverband erhalten. Flexibilität ist der Schlüssel zur Gestaltung des Berufslebens: Die Fähigkeit, Veränderungen zu antizipieren, sich an neue Bedingungen anzupassen und offen zu sein für neue Erfahrungen spielt eine wichtige Rolle. Arbeitnehmende sollten ein Zielbild davon erwerfen, wo sie in 5 bis 10 Jahren stehen wollen und sich überlegen, was sie tun müssen, um dahin zu kommen. Entsprechend hat die plattform Tipps für die Planung und Umsetzung der letzten Karrierephase ausgearbeitet. Sie lassen sich in drei Handlungsebenen gruppieren.

  Karriereplanung

Machen Sie sich frühzeitig und regelmässig über Ihre nächste Karrierephase Gedanken. Nur so können sie Ihre Laufbahn aktiv gestalten und mit Veränderungen positiv umgehen. Sei es innerhalb oder ausserhalb des Unternehmens oder auch im Privatleben. Sprechen Sie offen mit Ihrem Arbeitgeber und fordern Sie entsprechende Unterstützung ein.

 Weiterbildung

Wenn Sie sich für eine Weiterbildung entschieden haben, machen Sie sich Gedanken darüber, wie Sie diese in Ihren Alltag integrieren können. Was sind Ihre zeitlichen Ressourcen? Wie lernen Sie am liebsten? Wo wollen Sie hin und welche Investition braucht es dafür? Brauchen Sie Unterstützung in Ihrem familiären Umfeld oder von Ihrem Arbeitgeber? Wie sieht es mit der Finanzierung aus? Klären Sie diese Fragen frühzeitig mit einer Beratungsstelle (z.B. BIZ, Angestellten- oder Berufsverband) und/oder mit Ihrem Arbeitgeber.

 Altersrücktritt

Machen Sie sich frühzeitig Gedanken über Ihren Altersrücktritt. Neben der finanziellen Planung der Pensionierung, welche schon ab Anfang 40 nötig ist, sollten Sie auch konkrete Modelle für die letzte Karrierephase (ab 50) mit ihrem Arbeitgeber diskutieren.

Download Empfehlungen für ältere Arbeitnehmende

 

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